Giftpilz by Alexander Rieckhoff & Stefan Ummenhofer

Giftpilz by Alexander Rieckhoff & Stefan Ummenhofer

Autor:Alexander Rieckhoff & Stefan Ummenhofer
Die sprache: deu
Format: azw3, epub, mobi
ISBN: 9783492956857
Herausgeber: Piper Verlag
veröffentlicht: 2014-04-21T22:00:00+00:00


22. FERNBLICK

Klaus’ psychischer und physischer Allgemeinzustand mochte schon besser gewesen sein: Am Steuer seines Kadetts aber war er nach wie vor ein Meister. Zumindest, wenn man die Verkehrsregeln außer Acht ließ. Auf der B31 war er an der vor sich hinkriechenden Mischung aus Lastwagen und Urlaubern ohne Beachtung der eigentlich vorgesehenen Überholmöglichkeiten vorbeigezogen: Döggingen, Löffingen, Neustadt. Warum sollte sich das nun auf der B500 ändern? Nur weil es etwa zwei Dutzend gefährlicher Kurven gab?

Hummel musste sich wieder einmal mit dem Gedanken auseinandersetzen, nicht sehr alt zu werden. Riesle war weniger denn je zu stoppen, wenn er hinter einer Geschichte her war.

Der Journalist jagte seinen Kadett die kurvige Strecke hinauf in Richtung Höchenschwand. Das Örtchen Häusern hatten sie gerade links liegen lassen. Schon wenige Kilometer weiter wurden sie von einem Schild begrüßt: »Willkommen im Dorf am Himmel.«

»Ein bisschen großspurig«, meinte Riesle. »Sind die besonders religiös?«

»Nein, Höchenschwand ist der höchstgelegene heilklimatische Kurort Deutschlands. Liegt auf einem Hochplateau, 1015 Meter hoch.«

Riesle schnaufte vernehmlich: Sein Freund war nun mal Lehrer – auch in der Freizeit.

Das Dorf war nicht sehr groß, weshalb sie keine Schwierigkeiten hatten, die Fernblickklinik zu finden. Für den gestochen scharfen Ausblick über die Schweizer Alpenkette von Jungfrau bis Säntis hatte nur Hummel etwas übrig.

»Hier werde ich mal ein paar Tage mit Carolin ausspannen – falls ich diese Fahrt überlebe …«

Der Journalist ignorierte die Bemerkung. Kaum war er aus dem Kadett gestiegen, machte er sich daran, auf dem Parkplatz alle Autos zu inspizieren.

»Sag mal, Riesle, hättest du vielleicht mal die Freundlichkeit, mich an deinem Ermittlerwissen teilhaben zu lassen?«, fragte Hummel leicht säuerlich.

»Mein Informant hat gesagt, dass kurz nach der Pilzanlieferung in der Tannenklinik ein verdächtiger Kleinbus gesehen worden ist. Und zwar mit dem Kennzeichen WT–FK irgendwas. Die Zahlenkombination hat er sich nicht merken können.«

Schon nach wenigen Sekunden klatschte Riesle begeistert gegen die Karosserie eines weißen Wagens.

»Volltreffer. WT–FK 5896. Das könnte er gewesen sein. Jetzt müssen wir in der Klinik ausfindig machen, wer die Karre am Tag der Vergiftung gefahren hat.«

Hummel überblickte den Parkplatz.

»Ähm, Klaus, schau dir mal die anderen Autos an.«

»Ja?«

»Hier sind doch relativ viele weiße Kleinbusse. Fällt dir da was auf?«

»Okay, ganz so einfach wird die Sache wohl doch nicht …«

Auch einige andere Fahrzeuge führten nämlich die Initialen »WT–FK« im Kennzeichen.

»Ist ja auch logisch. Das steht für Fernblickklinik«, meinte Klaus.

»Ich bewundere deinen Scharfsinn«, stichelte Hummel. »Der wird uns jetzt auch sicher sagen, wie wir weiter vorgehen sollen.«

»Ich habe bereits alles vorbereitet«, verkündete Riesle. »Der Schwarzwälder Kurier öffnet immer die Pforten. Ich habe vorhin in der Klinik angerufen und uns für eine Reportage angemeldet. Kuren im Südschwarzwald ist das Thema. Ich bin der Journalist, du bist mein Fotograf. Das ist ein ganz schön nobler Schuppen. Deshalb sollten wir seriös auftreten. Also werden wir uns siezen.«

Riesle hatte im Telefonat mit der Klinikleitung wie gewohnt dick aufgetragen und damit geprahlt, dass die Geschichte im gesamten Verbreitungsgebiet des Kuriers erscheinen solle: »Womöglich als Titelgeschichte der Wochenendbeilage – ist natürlich eine super Werbemöglichkeit für Sie.« Bei der Klinik hatte das immerhin derart Eindruck hinterlassen, dass sich sogar der Chefarzt persönlich Zeit für sie nehmen wollte.



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